DER NEUE MENSCH. Vier Übungen in utopischen Bewegungen

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, unter dem Schock des Ersten Weltkriegs, hoff­ten Künstler auf die Aufhebung von Kunst und Leben, auf die Revolutionie­rung aller Verhältnisse mit Hilfe der Kunst und auf eine andere Gesell­schaft als die kapitalistische. Diese utopi­schen Visionen sind in Vergessenheit geraten.
Die Bühnenperformance DER NEUE MENSCH stellt vier prononcierte Positionen vor: Drei Entwürfe eines neuen Men­schen, neuer Kol­lek­tive, eines besseren Lebens – und ein vierter schießt quer.
Der Dichter Bertolt Brecht entwirft in seinen Lehrstücken das Theater eines klassenlosen Staats, in dem die Gesten des Menschen, und damit die gesell­schaf­tliche Situation im Ganzen verän­derbar werden. Der Tänzer Rudolf von Laban probt in Bewegungschören kol­lektive Gesten, deren „Schwingungen“ die Macht neu verteilen sollen. Der Regis­seur Wsewolod Meyerhold experi­men­tiert in der jungen Sowjetunion mit biome­cha­­­ni­schen Übungen, in denen der Mensch seinen Körper erneuert. Und der Komiker Charlie Chaplin stolpert über alle diese utopischen Hoffnungen.
DER NEUE MENSCH führt diese Bewegun­gen in einem Theater ohne Schauspie­ler aus: Das Publikum hört über Radio ein performatives Hörspiel, das es nicht nur nacheinander mit den vier Positionen vertraut macht, sondern ihm auch Übun­­gen, Bewegungen und Ge­sten vor­schlägt. Dieses Theater ohne Bühne initiiert kollektive Bewegungen und macht ungeahnte Hand­lungfähigkeiten sichtbar.
DER NEUE MENSCH aktualisiert damit die verschüt­teten utopischen Hoffnungen und stellt implizit die Frage nach der Funktion des Theaters heute.

Tun ist besser als fühlen. Bertolt Brecht


Regie: LIGNA
Mit: Edith Adam, Rica Blunck, Thomas Kügel und Helmut Mooshammer.
Eine Produktion für Kampnagel.